Die Frau als Bild? Variationen eines Themas als Option Diplomarbeit Studiengang Kostümbild UdK Berlin, 2012
Der Tod einer schönen Frau, fand Edgar Allan Poe, sei „ohne Zweifel das poetischste Thema der Welt“. Sigmund Freud meinte: „Die größten Rätsel der westlichen Kultur“ seien „die Weiblichkeit und der Tod“. Die Kunst- und Kulturgeschichte gibt ihnen recht.
„Die schöne Leiche“ Elisabeth Bronfen
„Mein Herz wird täglich magerer in der Brust, wie die
Mondhälfte in den Wolken. Die zarten Hälse der
Abendländerinnen heben sich aus dem Rand ihrer
durchsichtigen Kleider, darinnen ihre Leiber wie in
gläsernen Vasen stehen. Ich aber… „Else Lasker-Schüler
In dieser Arbeit wird das Motiv des schönen weiblichen Opfers als Projektionsfläche des Autors untersucht, hinterfragt und variiert. Vier prominente Selbstmörderinnen, Ophelia, Madame Bovary, Anna Karenina und Madame Butterfly werden dem Selbstentwurf, der sich jedem konstruierten Rollenvorbild entziehenden Dichterin Else Lasker-Schüler gegenüber gestellt. Es gibt einen weiblichen Grundkörper, der schon durch seine ihm zugewiesene Geschlechtsidentität kodiert ist. Die ihn als weiblich, schön und individuell erkennbar machenden Haare sind unter einer Badekappe verborgen, Durch das Anlegen von transparenten steifen Kostümteilen aus Perlondraht-Gewebe in Schwarz und Weiß, wird der selbe Körper nach historischen Vorbildern geformt und so für die Zuschauer nachvollziehbar verändert. Der Körper bleibt unter den transparenten Hüllen sichtbar und wird durch die paspelierten Schnittlinien beschrieben. Den Unterbau bildet jeweils ein vom Kürass-Korsett inspiriertes Multifunktionskorsett, dass durch leichte Veränderungen und in Kombination mit den anderen Kostümteilen die ausgewählten Frauenfiguren entstehen lässt. Die einzelnen Teile funktionieren wie ein Baukasten und erfüllen durch Wenden und Verändern bei jeder Figur unterschiedliche Funktionen. Das Kostüm von Else Lasker-Schüler funktioniert ohne Korsett und ist nicht transparent, sondern durch die Schichtung von Perlondraht-Gewebe und Teppichnetz unruhig flirrend. Bei ihr steht mehr der Geist denn der Körper im Vordergrund. So entsteht - besonders im Filmbild - eine changierende Figur. Bewusst werden historische Silhouetten angedeutet, die Assoziationsräume eröffnen. Diese Silhouetten werden durchschaubar, indem sie nicht 1:1 (Material, Farben, Schuhe, Maske, Frisur usw.) nachgeahmt, sondern vereinfacht, wie skizziert gefertigt sind. Filmische Umsetzung: schwanensee – FLUT Das Medium Film macht es den Figuren möglich die passive Rolle des Objekts zu verlassen. Jede ist in einem melancholisch-schönen Bild zu sehen mit einem Thema, dass aus der jeweiligen Werkvorlage stammt. Aber die Protagonistinnen fallen oder gehen ins Wasser, verschwinden aus dem Rahmen, dessen schöner Inhalt sie waren. Doch die angeblich Ertrunkenen kommen aus dem Wasser heraus, werden wieder sichtbar um erneut baden zu gehen. Der ihnen auf den Leib ge- schrieben Selbstmord wird so in Frage gestellt, gewohnte Bilder werden variiert, Ophelia, Madame Bovary, Anna Karenina und Madame Butterfly bekommen neue Optionen. Wichtig für die Materialwahl war nicht nur die Transparenz und das im natürlichen Außenraum künstliche, an Schriftzeichen erinnernde Schwarz-Weiß, sondern auch das Funktionieren im Wasser.
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